Das erste, was man über die Proben bzw. Rehearsals wissen sollte ist, dass jeder Schauspieler andere Bedürfnisse hat, wie er oder sie sich auf eine Szene vorbereitet. Einige Schauspieler erforschen, tauchen ein und hinterfragen jedes Wort des Dialogs, so dass jeder Beat im Detail ausgearbeitet wird (ein theaterähnlicher Ansatz), während andere gerne die Proben auf ein absolutes Minimum beschränken, damit das Spiel lebendig und spontan bleibt, wenn man in die Produktion geht. Die Aufgabe des Regisseurs ist es, zu beurteilen, wie viel von beiden Extremen die verschiedenen Akteure brauchen, während er alles frisch und aufregend für alle hält.
Der Schlüssel zu allem bei der Regie ist, dass Sie Ihren Schauspielern VERTRAUEN und diese das Vertrauen erwidern und sich sowohl bei Ihnen wie auch untereinander wohlfühlen. Bei den meisten Indie-Filmen haben Sie, wenn Sie Glück haben, eine Woche Zeit zum Üben, mit ein paar Stunden pro Tag, während Sie zwischen Vorbereitung, Locations, Outfitting....etc. wechseln. Sie werden also nicht jede Szene im Film proben können, und das wäre auch gar nicht gut. Ich denke, die sinnvollste Verwendung für diese Zeit ist, ich sage es nochmal, Vertrauen zu schaffen, denn Vertrauen ist alles!
Wenn sich alle ein wenig kennengelernt haben, ist es an der Zeit, in die eigentlichen Szenen einzutauchen.
Zunächst machen Sie eine kalte Probe mit den Schauspielern, wobei es sinnvoll ist, dass jemand anderes als Sie selbst die Anweisungen liest. Geben Sie sich selbst die Chance, jeden Schauspieler aus einer breitgefächerten Perspektive zu beobachten. Dies ist nur eine einfache Lesung, um das Material zu kennenzulernen. Es ist keine Handelung erforderlich, nur einfaches Lesen. Wenn Sie Ihre Hausaufgaben gemacht und herausgefunden haben, worum es in der Szene geht, was der Subtext ist, werden Sie einige grobe Ideen haben, wie Sie die Szenen gespielt haben möchten. Sie sollten alles aber noch nicht zu sehr überdenken, bleiben Sie unvoreingenommen und lassen Sie Schauspielern den Raum, ihre eigene Interpretation in das Material einzubringen. Sein Sie offen für Überraschungen! Denken Sie immer daran, dass Filmemachen ein kollaborativer Prozess ist, also müssen Sie die Akteure ihre eigenen Entscheidungen treffen lassen.
Sie haben also die Szene mit den Schauspielern ein paar Mal gelesen, jetzt ist es Zeit darüber zu sprechen. Worum geht es in der Szene? Was passiert unter der offensichtlichen Oberfläche? Wenn die Antwort nichts ist, dann ist die Szene wahrscheinlich schwach. Alles kann ein wenig Komplexität erfordern. Versuchen Sie, das Script durch Interpretation interessanter zu machen. Brechen Sie ruhig auch einige der Beats auf und nehmen vielleicht kleine Änderungen am Dialog vor. Oftmals können die Augen so viel mehr sagen als der Dialog. Das Herausnehmen des Dialogs kann manchmal zu mehr Komplexität führen und die Szene interessanter machen. Suchen Sie nach diesem Potenzial in der Szene. Trenne Sie sich von langweiligen Dialogen, die keinen Zweck erfüllen, sondern nutzlose Informationen liefern. Und wenn es sich um einen absolut notwendigen Expositionsdialog handelt, finden Sie einen interessanten Weg, ihn zu tarnen. Diese Probenzeit in der Vorproduktion ist die perfekte Zeit, um Schwächen aufzudecken, falls Sie dies nicht bereits getan haben.
Der nächste Schritt ist, dass Sie alle aufstehen und die Szene noch einmal Proben, diesmal allerdings mit etwas Blocking:
"Du gehst von hier nach dort, schau zunächst aus dem Fenster, bevor Du ihn anschaust" so etwas in der Art. Oft sind Vermekre zum Blocking bereits im Drehbuch geschrieben, häufig ist es aber etwas, das Sie mir ihren Schauspielern erarbeiten müssen. Diese Phase ist eine Zeit zum Erkunden des Materials, gleichzeitig ist das Blocking aber auch eines Ihrer stärksten Werkzeuge um den Schauspielern zu heöfen, eine Szene perfekt zu spielen. Sehen Sie sich an, was die Akteure an den Tisch bringen. Lassen Sie sie mit dem Material spielen und beobachten Sie sie dabei. Nutzen Sie diese alles was Sie haben, um dem Material Leben einzuhauchen und durch das Blocking mehr Spannung zu erzeugen. Aber Vorsicht! Übertreiben Sie es nicht. In dem Moment, in dem Sie die Magie gefunden haben und es klick gemacht hat... hören Sie auf! Kochen Sie die Szene nur soweit, dass sie für die Kamera reif ist, aber nicht weiter, denn sie wird schnell abgestanden und leblos, wenn sie zu oft einstudiert wird. Find the magic!